Aus der Chronik des Musikvereins Ennetach

v. A. Müller

Wenn der Musikverein Ennetach auf eine über 150-jährige Geschichte zurückblicken kann, so darf man wohl annehmen, dass Bürger und Obrigkeit im Dorf der Musik immer wohlwollend gegenüberstanden. Da die hiesige Kirchengemeinde früher sehr wohlhabend war, konnte auch für die Förderung des Gesanges und der Musik einiges aufgewendet werden. Die Kirchenrechnungen enthalten immer wieder Ausgaben für Sänger und Musikanten bei den kirchlichen Hochfesten.

Ab dem Jahre 1829 nahm der neue Pfarrer Heß großen Einfluss auf die musikalische Tätigkeit im Dorf. Er sorgte dafür, dass die Musikanten entlohnt wurden und brauchbares Notenmaterial erhielten. Lorenz Linder aus Scheer schrieb im Auftrag der Kirchengemeinde für die Musikgesellschaft 2 harmonische Stücke und 2 Märsche und erhielt 1830 hierfür 2 Gulden. Dies ist die erste konkrete Erwähnung einer Musikgesellschaft. Für ihr Spielen das ganze Jahr hindurch erhielten die Musikanten pro Jahr einen Gulden; Willibald Kieferle erhielt 2 Gulden. Vermutlich leitete er die Musikgesellschaft. Dem ausbezahlten Betrag nach war die Musikgesellschaft damals 11 Mann stark.

1844 stellte der nunmehrige Pfarrer Munding ziemlich umfangreiche Statuten für die Chor- und Musikgesellschaft, wie sie sich jetzt nannte, auf. Es heißt hier wörtlich: »Nach dem Inhalt der Gottesdienstordnung vom 5.6.1837 § 2, Seite 6 darf auch in Gemeinden die zu den größeren zählen, wie die hiesige, wo sich gute Tonkünstler befinden, die einen ächten und erhabenen Kirchenstyl in Musik und Gesang einzuüben Talent haben, und sich hierzu befähigt fühlen, sollen auch die Mittel nicht fehlen, einen solchen Kirchengesang zu erhalten; die Figural- und Instrumentalmusik ebenso zu vervollkommnen, wie auch den schönen und für das Land besser geeigneten vierstimmigen Männergesang«.* Die oben erwähnte Satzung brachte für die Musikanten nicht nur eine finanzielle Verbesserung. Der neue Pfarrherr stellte bezüglich des Lebenswandels erhebliche Anforderungen an die Sänger und Musikanten. Ob die Musikanten diesen Anforderungen genügten ist nicht bekannt. Jedenfalls trennten sie sich von der Chorgesellschaft und gingen ihre eigenen Wege. 1876 wurden die letzten der Chor- und Musikgesellschaft gehörenden Instrumente verkauft.

Der 1871 gegründete Veteranenverein und auch die Gemeinde veranstalteten, wohl als Folge des siegreichen Krieges immer wieder nationale Feiern, zu der eine Musik nötig war. Auf eigenes Anerbieten spielte die Musikgesellschaft kostenlos bei Beerdigungen der Kriegsveteranen.

Im Jahre 1901 erhielt die Musikgesellschaft den Status eines Vereins. Musikalischer Leiter und Ausbilder war Eduard Danner. Der Weltkrieg 1914-1918 beendete eine hoffnungsvolle Entwicklung. Aber schon am 26.1.1919 konnte die Musikkapelle bei einer Heimkehrerfeier, die von der Gemeinde für die zurückgekehrten "Kriegsteilnehmer veranstaltet wurde, wieder auftreten. Hermann Löw stand dem noch kleinen Verein als Vorstand zur Verfügung. Als Dirigent konnte Johann Jungel aus Herbertingen gewonnen werden. Unter der Stabführung von J. Jungel errang die Kapelle bei Preisspielen beachtliche Erfolge. Der Tod von Dirigent Jungel im Jahre 1931 war ein schmerzhafter Verlust Meinrad Löw leitete die Kapelle einige Jahre. Aufgrund der politischen Verhältnisse wurde die Musikkapelle Ennetach in das SA Musikkorps Mengen eingegliedert. Diese Integrierung bewährte sich nicht. Ab 1935 löste sich der Musikverein Ennetach wieder los und ging seine eigenen Wege. Vorstand war Bürgermeister Karl Schindler. Dirigent war Fritz Rapp.

Der II. Weltkrieg brachte das totale Ende jeder musikalischen Tätigkeit. Von 21 eingezogenen Musikern kehrten 9 nicht aus dem Feld zurück. Mit 8 Mitgliedern konnte 1947 erstmals nach dem Kriege die Fronleichnamsprozession begleitet werden. Nachdem die Militärregierung der Wiedergründung des Musikvereins zugestimmt hatte, konnte am 27.7.47 die Gründungsversammlung abgehalten werden. 8 aktive Mitglieder, 2 Zöglinge, 7 passive Mitglieder und 1 Ehrenmitglied waren anwesend. Dirigent und Vorstand war Fritz Rapp. 1949 konnte die Kapelle erstmals nach dem Kriege das Wertungsspiel in Laiz mit gutem Erfolg besuchen.

Am 9.9.1951 feierte der Verein sein 50. Gründungsjubiläum im Adlergarten unter Beteiligung mehrerer benachbarter Kapellen. Im Herbst 1951 übernahm Robert Ludley aus Mengen die musikalische Leitung des Musikvereins. Vereinsvorstand wurde Johann Waldraff. Robert Ludley verstand es, auf dem vorhandenen Stamm weiterzubauen und Jugendliche zur Musik zu gewinnen. Bei einigen Musikfesten erzielte die Kapelle beachtliche Erfolge.

1954 folgte eine unruhige Zeit. Karl Decker führte den Dirigentenstab bis 1955. Ihn löste Paul Wizemann aus Herbertingen ab, 1957 leitete Albrecht Maier aus Mengen die Kapelle. 1958 kehrte Robert Ludley wieder nach Ennetach zurück und führte die Kapelle hoch 11 Jahre lang.

1960 baute die Kapelle unter großem Einsatz von Vorstand und Musikern ein eigenes Probelokal das 1981 umgebaut und erweitert wurde.

1961 verstarb unerwartet Vorstand Johann Waldraff. Sein Nachfolger wurde Eugen Berger.

1964 beschaffte die Gemeinde für die Kapelle Trachten, die großen Anklang fanden.

1969 musste Robert Ludley aus gesundheitlichen Gründen den Dirigentenstab abgeben. In Bruno Sigg aus Andelfingen fand der Verein einen tüchtigen und feinfühligen Dirigenten.

Im Juli 1972 feierte der Musikverein das 140-jährige Bestehen. Aus diesem Anlass wurde der Verein mit der Pro-Musica-Plakette ausgezeichnet. Das aus diesem Anlass veranstaltete Musikertreffen mit Festumzug ist uns noch in guter Erinnerung. Im Dezember 1972 gab Eugen Berger die Vereinsführung altershalber an Alfons Müller ab.

1974 Dirigentenwechsel. Bruno Sigg ist es beruflich nicht mehr möglich nach Ennetach zu kommen. Jugendleiter Oskar Kuchelmeister wird mit der Leitung der Musikkapelle betraut. Dass diese Entscheidung richtig war beweist der heutige Leistungsstand. Oskar Kuchelmeister hat sich vor allem in der Jugendausbildung große Verdienste erworben. Eine Jugendkapelle mit 42 begeisterten Jungmusikern ist das Reservoire aus dem der Musikverein, der gegenwärtig ca. 45 aktive Musiker zählt, schöpfen kann. Um den Fortbestand des Musikvereins braucht man sich also keine Sorgen zu machen.

Bei der Generalversammlung im Jan.93 gab Alfons Müller den Vorsitz nach 20 Jahren ab. Zu dieser Zeit ist Alfons Müller auch als aktiver Musiker nach 40 Jahren ausgeschieden. Er wollte aber die Freude am Spiel nicht aufgeben und gründete 1986 die erfolgreiche Rentnerband. Auch Dirigent Oskar Kuchelmeister kündigte auf diesen Zeitpunkt. Er erklärte sich aber bereit, das Dirigentenamt weiterzuführen bis ein geeigneter Nachfolger gefunden ist. Thomas Stützle wurde Nachfolger von Alfons Müller. Auch in Mengen stand zu gleicher Zeit ein Dirigentenwechsel an. Herr Dannewitz wollte als qualifizierter Musikpädagoge die Stadtkapelle Mengen und den Musikverein Ennetach als Dirigent übernehmen. Er stammte aus Würzburg und war am Konservatorium in Windhuk, Südafrika tätig. Er leitete einige Proben und Auftritte, kam aber im Sept. aus Afrika nicht mehr zurück wo er seine Tätigkeiten abschließen wollte. Oskar Kuchelmeister hat unsere Kapelle die ganzen Monate nicht im Stich gelassen und in bewährter Manier weitergeleitet. Neben verschiedenen Bewerbungen und Bemühungen von Thomas Stützle ist es gelungen, den entlassenen Dirigenten der Stadtkapelle Mengen, Herr Werner Schollenberger im Okt.93 als Dirigenten für unsere Kapelle zu gewinnen. Als hervorragenden Fachmann sind ihm vor allem die Konzerte vorzüglich gelungen. Beim Kreismusikfest in Hohentengen am 5.Juni 1994 stellten wir uns in der Mittelstufe dem Wertungsgericht und konnten die Höchstnote „sehr gut“ erreichen.

Arthur Reitter wurde beim Sommerfest im Juli 1994 für 40-jährige Vereinskassiertätigkeit beim Musikverein Ennetach die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg überreicht.

Das Jahr 1995 stand im Zeichen der 500-Jahr Feier der Kirche in Ennetach. Aus diesem Anlass kam Weihbischof Dr.Kreidler aus Rottenburg zum Kirchenpatrozinium am 17.Sept.1995. Wir begleiteten die Festgemeinde und den Bischof zur Kirche. Aus Anlass der 500-Jahr Feier der Pfarrkirche haben wir am 12.Nov.1995 ein Kirchenkonzert veranstaltet das großen Zuspruch fand.

Am 05.Feb.1996 war das große Narrentreffen „Obere Donau“ in Ennetach. Der Musikverein beteiligte sich mit 37 Zünften und Fasnetsmusikern an diesem Großereignis. Herrausragend war auch das 125-jährige Bestehen der Kriegerkameradschaft in Ennetach. Bei den eindrucksvollen Feierlichkeiten unter Anführung der Ennetacher Musikkapelle und der Bürgerwache Mengen, legten 500 Rekruten bei klirrender Kälte am 07.Dez.1996 auf dem Sportplatz in Ennetach öffentlich das Gelöbnis ab.

Bei der Generalversammlung im Jan.1997 gibt Thomas Stützle den Vorsitz ab. Sein Nachfolger wird Rudi Hüglin. Im Dez. 1997 wird Rudi Hüglin zum Vorsitzenden des Bezirks II des Blasmusikverbandes Sigmaringen gewählt. Vorstand Rudi Hüglin beginnt mit der Innen- und Aussenrenovierung des Probelokals. 

Ein großes Erlebnis war die Teilnahme am Wertungsspiel am 20.Juni1999 beim Bezirksmusikfest in Bad Wurzach. Mit Dirigent Werner Schollenberger stellten wir uns dem Wertungsgericht und konnten in der Mittelstufe die Note „sehr gut - gut“ erreichen. An dem wunderschönen Festumzug mit den Musik- und Heimatgruppen aus dem Allgäu nahmen wir ebenfalls teil. Im Jahre 1999 wird im Probelokal eine neue Gasheizung installiert. Nach einem erfolgreichen Konzert im Nov. 1999 in der Ablachhalle kündigte Werner Schollenberger sein Amt. Zuvor gab es erhebliche Probleme bei den aktiven Musikanten durch seinen Führungsstil. Carsten Uhl erklärte sich als Nachwuchstalent mit 20 Jahren bereit die Leitung der Kapelle zu übernehmen. Mit Bravour meisterte er das Doppelkonzert am 11.Nov.2000 mit der Musikkapelle Fronhofen. 

Ein Jahrhundertereignis war für die Gemeinde die Einweihung des neuen Bürgerhauses vom 26. – 28. Jan.2001 wo wir die Feierlichkeiten mitgestalteten.

Am 25.März 2001 feierte die Rentnerband im Bürgerhaus im familiären Rahmen das 15-jährige Jubiläum. Im Herbst 2001 wurde unter Vorstand Hüglin mit dem Bau von Lagergaragen begonnen. Ohne die tatkräftige Hilfe der Rentnerband ließe sich das Vorhaben nicht bewältigen.  Am 17.Nov.2001 konnte das Jahreskonzert unter der Leitung von Carsten Uhl erstmals in der guten Stube der Gemeinde im Bürgerhaus stattfinden.

Am 27.Okt.2002 wurde dem Gesangverein anlässlich des 100-jährigen Bestehens die Zelter-Plakette überreicht. Der Musikverein hatte die ehrenvolle Aufgabe, diese Feierstunde musikalisch zu gestalten.

Bei der Generalversammlung am 12.Jan.2003 wurde einstimmig Petra Müller an die Vereinsspitze gewählt. Damit wurde – bisher einmalig in der langen Vereinsgeschichte – ein Frau zum Vorstand gewählt.